Die immer weiter wachsende IT-Fachkräftelücke in Deutschland könnte bis zum Jahr 2040 zu einem gravierenden Problem für den Arbeitsmarkt und die Wettbewerbsfähigkeit des Landes werden. Die jüngste Studie des Branchenverbands Bitkom beleuchtet diese Entwicklung und bietet Einblicke in mögliche Lösungsansätze.
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Darum geht es bei der Bitkom-Studie
Laut der aktuellen Studie des Bitkom-Verbandes, könnte Deutschland bis zum Jahr 2040 eine Lücke von rund 663.000 IT-Fachkräften erleben, wenn nicht rechtzeitig Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Diese Zahl basiert auf der Annahme, dass der Bedarf an IT-Spezialisten in Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen weiterhin stark ansteigt, während das Angebot an qualifizierten Fachkräften nicht mit diesem Wachstum Schritt hält.
Derzeit sind in Deutschland bereits 149.000 IT-Stellen nicht besetzt, was Unternehmen durchschnittlich 7,7 Monate kostet, um eine solche Stelle zu füllen. Der Mangel an Fachkräften betrifft eine breite Palette von Bereichen, einschließlich, aber nicht beschränkt auf, Programmierer, Systemadministratoren und IT-Sicherheitsexperten.
Den Berechnungen zufolge wird das Angebot an IT-Fachkräften von derzeit 1,136 Millionen bis 2040 auf 1,256 leicht um rund 120.000 zulegen – sofern die entsprechenden Maßnahmen auf dem aktuellen Niveau fortgeführt werden. Dabei spielt auch der vergleichsweise geringe Altersdurchschnitt in den IT-Berufen eine Rolle. Während bis 2040 in der Gesamtwirtschaft 50,5 Prozent der derzeitigen Beschäftigten aus dem Berufsleben ausscheiden werden, sind es in den IT-Berufen nur 32,5 Prozent. Gleichzeitig wird bis 2040 der Bedarf an IT-Fachkräften in der Wirtschaft rasant steigen. Liegt er derzeit bei 1,29 Millionen, so werden es dann 1,92 Millionen sein. Das ist eine Zunahme um rund 630.000.
Bitkom schlägt mehrere Maßnahmen vor, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken:
Junge Menschen für IT begeistern, Studium und Ausbildung verbessern
Durch bildungspolitische Maßnahmen wie ein Pflichtfach Informatik, mehr Kooperationen zwischen Schule und Wirtschaft sowie zusätzliche Informatik-Lehrstühle ließe sich das zuletzt bereits gestiegene Interesse an IT-Berufen verstetigen und weiter erhöhen. Dadurch könnten laut Bitkom bis 2040 rund 27.000 IT-Fachkräfte zusätzlich gewonnen werden. Ein besonderes Augenmerk sollte dabei auf Mädchen und Frauen liegen. So sind aktuell nur rund 21 Prozent der Studierenden und 10 Prozent der Auszubildenden im Bereich Informatik weiblich.
Wenn der Frauenanteil unter denjenigen, die Studium und Ausbildung abschließen, auf 50 Prozent erhöht würde, könnten bis 2040 weitere 25.500 IT-Fachkräfte zur Verfügung stehen. Ein weiterer Ansatzpunkt im Bereich Studium ist die Reduzierung der Abbrecherquote in den Informatik-Studiengängen, die mit 42 Prozent deutlich über dem Durchschnitt aller Studiengänge von derzeit 27 Prozent liegt. Wenn die Abbrecherquote auf 20 Prozent gesenkt würde, könnten bis 2040 weitere rund 55.000 hochqualifizierte IT-Fachkräfte in Deutschland gewonnen werden.
Ältere Beschäftigte im Arbeitsmarkt halten
Zugleich könnten bis 2040 weitere rund 68.500 IT-Fachkräfte zusätzlich zur Verfügung stehen, wenn ältere Beschäftigte über das Renteneintrittsalter hinaus freiwillig im Arbeitsmarkt blieben. Aktuell sind gerade einmal 0,9 Prozent der IT-Beschäftigten 65 Jahre alt oder älter. Um diesen Anteil zu erhöhen, braucht es finanzielle Anreize für Unternehmen und Beschäftigte gleichermaßen, zugleich sollten die Sozialabgaben für Erwerbstätige im Rentenalter ganz abgeschafft oder zumindest deutlich verringert werden.
Quereinstieg in die IT weiter erleichtern
Die IT bietet schon heute ideale Voraussetzungen für den Quereinstieg, rund ein Viertel aller Fachkräfte in der IT-Branche sind Quereinsteigerinnen oder Quereinsteiger. Durch konkrete Maßnahmen wie die Förderung von Quereinstiegsprogrammen und Bootcamps sowie den Ausbau von Beratungsangeboten kann nach Berechnungen des Bitkom die Zahl der Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger um 50 Prozent erhöht werden, was rund 129.500 zusätzlichen Fachkräften entspricht.
Zuwanderung von Fachkräften
Allerdings selbst wenn alle diese Maßnahmen greifen, bleibt im Jahr 2040 noch eine Lücke von etwa 357.000 fehlenden IT-Spezialistinnen und -Spezialisten. Zuletzt sind bereits jährlich etwa 13.000 ausländische Fachkräfte aus der EU und anderen Ländern in IT-Berufe zugewandert. Durch das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz sollen nach dem Willen der Bundesregierung pro Jahr 75.000 zusätzliche Fachkräfte aus Drittstaaten außerhalb der EU nach Deutschland kommen, auf IT-Berufe bezogen wären das 4.000 pro Jahr. Ein ähnlicher Anstieg müsse auch für EU-Staaten erreicht werden.
Bitkom daher plädiert dafür, die Ausländerbehörden zu Willkommensagenturen umzubauen, das internationale Marketing für den IT-Standort Deutschland zu verstärken und die Einwanderung deutlich zu entbürokratisieren und zu beschleunigen, etwa durch eine umfassende Digitalisierung der Verfahren. Nach den Bitkom-Berechnungen könnten so bis 2040 insgesamt etwa 321.000 zusätzliche Fachkräfte aus Drittstaaten und der EU nach Deutschland kommen.
Im Folgenden schauen wir, welche Auswirkungen dies auf den Arbeitsmarkt in Deutschland haben kann.
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Welche konkreten Wirtschaftsbereiche werden durch die IT-Fachkräftelücke voraussichtlich in Deutschland positiv beeinflusst und wodurch?
Die Nachfrage nach IT-Dienstleistungen und die damit verbundene Fachkräftelücke könnten den Sektor der beruflichen Bildung und Weiterbildung stimulieren. Bildungseinrichtungen und private Bildungsanbieter könnten von einem erhöhten Bedarf an spezialisierten IT-Kursen und -Zertifizierungen profitieren. Unternehmen, die innovative Lösungen für das Recruiting und die Schulung von IT-Personal anbieten, könnten ebenfalls ein Wachstum erleben.
Welche Bereiche können durch die IT-Fachkräftelücke in Deutschland negativ beeinflusst werden und wodurch?
Kleinere Unternehmen und Start-ups könnten besonders hart getroffen werden, da sie im Wettbewerb um IT-Fachkräfte möglicherweise nicht mit den Gehältern und Vorteilen größerer Unternehmen mithalten können. Dies könnte zu einer Verlangsamung der Innovationsfähigkeit und Wachstumspotenziale in diesem Sektor führen.
Auf welche Regionen könnte sich die IT-Fachkräftelücke in Deutschland besonders auswirken?
Regionen mit einem bereits bestehenden hohen Bedarf an IT-Fachkräften, wie Berlin, München oder das Rhein-Main-Gebiet, könnten verstärkt unter dem Mangel leiden. In diesen Gebieten könnte der zunehmende Wettbewerb um IT-Fachkräfte auch dazu führen, dass die Löhne in diesen Sektoren steigen, was die Kosten für lokale Unternehmen erhöht und eventuell zu einer Verlagerung von Jobs in weniger wettbewerbsintensive Regionen führen könnte.
Welche Arbeitsplätze, Jobs und Berufe können im einzelnen durch die IT-Fachkräftelücke in Deutschland betroffen sein und warum?
Neben den offensichtlich betroffenen Berufsgruppen wie Softwareentwickler und Netzwerkadministratoren könnten auch weniger direkt assoziierte Berufe wie technische Produktmanager, Datenanalysten und Fachkräfte für Cybersicherheit einen Mangel erfahren. Weiterhin könnte der Mangel an IT-Fachkräften auch Auswirkungen auf den Bildungssektor haben, indem eine größere Nachfrage nach Lehrkräften und Dozenten für IT-spezifische Fächer entsteht.
Welche Auswirkungen auf Berufsausbildungen und Studien kann es in Deutschland geben?
Die dringende Nachfrage nach qualifizierten IT-Fachkräften könnte eine Umstrukturierung in der Bildungslandschaft bewirken. Universitäten und Fachhochschulen könnten mehr Studiengänge in Informatik und verwandten Disziplinen anbieten, während berufliche Schulen und Akademien mehr spezialisierte Ausbildungsprogramme entwickeln könnten, um den spezifischen Anforderungen des Marktes gerecht zu werden.
Welche Chancen kann die IT-Fachkräftelücke für neue Unternehmensgründungen und Selbstständigkeit in Deutschland bieten?
Diese Lücke bietet auch Chancen für die Gründung von Unternehmen, die innovative Rekrutierungs- und Schulungslösungen für IT-Fachkräfte anbieten. Start-ups könnten Technologien entwickeln, die es erleichtern, Fachkräfte aus dem Ausland anzuziehen und zu integrieren, oder Plattformen, die virtuelle und flexible Arbeitsarrangements unterstützen. Hierzu bieten sich langfristige Kooperationen mit Partnern im Ausland an, beispielsweise Sprachschulen und Weiterbildungsinstituten.
Welche Weiterbildungen sind in Deutschland möglich, um sich auf die Folgen von der IT-Fachkräftelücke vorzubereiten?
Angesichts des wachsenden Bedarfs an IT-Kompetenzen könnten Weiterbildungen in Softwareentwicklung, Datenmanagement, künstlicher Intelligenz und IT-Sicherheit an Bedeutung gewinnen. Diese Kurse könnten von traditionellen Bildungseinrichtungen, aber auch über Online-Plattformen angeboten werden, um eine breite Verfügbarkeit und flexible Lernoptionen zu gewährleisten.
Die Lücke an IT-Fachkräften ist zweifelsohne eine Herausforderung, bietet jedoch auch eine Vielzahl von Möglichkeiten, den Arbeitsmarkt dynamisch und zukunftsorientiert zu gestalten. Es bleibt abzuwarten, wie effektiv die vorgeschlagenen Maßnahmen umgesetzt werden und inwieweit sie dazu beitragen können, die Lücke in den kommenden Jahren zu schließen.
Ebenso bleibt abzuwarten, inwieweit KI weitere Aufgaben von IT-Fachkräften übernehmen und damit zu einer Entlastung des Arbeitsmarkts beitragen kann.
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