Die Bundesregierung hat ein Abkommen zur Anwerbung brasilianischer Pflegekräfte ausgesetzt. Ursprünglich hoffte die Bundesregierung, den deutschen Pflegekräftemangel durch internationale Kooperationen zu lindern. Doch politische und praktische Hürden führten im Falle Brasiliens jetzt zum Scheitern des Programms. Dieser Artikel beleuchtet die Hintergründe, aktuellen Entwicklungen und möglichen Auswirkungen dieser Entscheidung.
Hintergrund der Anwerbung
Die Initiative zur Anwerbung brasilianischer Pflegekräfte wurde im Juni 2023 bei einem Besuch der Bundesminister Baerbock und Heil in Brasilien gestartet. Ziel war es, jährlich bis zu 700 Pflegekräfte nach Deutschland zu bringen, um dem akuten Fachkräftemangel im Pflegebereich zu begegnen.
Brasilien wurde als Partnerland ausgewählt, weil es zunächst einen Überschuss an Pflegefachkräften kommunizierte. Die Bundesagentur für Arbeit (BA) und das Bundesarbeitsministerium waren optimistisch, dass die Zusammenarbeit beide Länder unterstützen würde. Doch nach einem Regierungswechsel in Brasilien zweifelte die neue Regierung an diesem Überschuss, was schließlich zur Aussetzung des Programms führte.
Ursachen und Reaktionen
Die Aussetzung des Anwerbeabkommens wurde offiziell, nachdem Brasiliens Regierung Bedenken hinsichtlich des Arbeitskräfteüberschusses äußerte. Gesundheitsminister Karl Lauterbach wies auf dem Ärztetag im Mai darauf hin, dass die Bedingungen für ausländische Pflegekräfte in Deutschland wenig attraktiv seien. Niedrigere Gehälter, anspruchsvolle Sprachbarrieren und begrenzte berufliche Entwicklungsmöglichkeiten schrecken viele ab.
Eugen Brysch von der Deutschen Stiftung Patientenschutz kritisierte die bisherigen Bemühungen der Bundesregierung als ineffektiv und forderte eine Untersuchung durch den Bundesrechnungshof. Seine Kritik zielt auch auf die mangelnde Bereitschaft, ausländischen Pflegekräften Aufgaben zu übertragen, die ihren Qualifikationen entsprechen.
Zukunftsperspektiven und Lösungsansätze
Um den Pflegekräftemangel langfristig zu beheben, muss Deutschland attraktive Bedingungen für ausländische Fachkräfte schaffen. Dazu gehört die Anerkennung ausländischer Qualifikationen, attraktive Gehälter und Arbeitsbedingungen sowie Unterstützung bei der Integration, wie z.B. Sprachkurse und Kinderbetreuung.
Der aktuelle Stopp der Anwerbung aus Brasilien aus diesem Programm zeigt, dass politische und kulturelle Unterschiede sowie unzureichende Vorbereitung große Hürden darstellen. Deutschland könnte von Ländern wie Kanada lernen, die erfolgreich ausländische Fachkräfte integrieren, indem sie umfassende Unterstützungsprogramme bieten.
Die Bundesregierung muss ihre Strategie überdenken und möglicherweise einen diversifizierteren Ansatz verfolgen. Es könnten Partnerschaften mit verschiedenen Ländern eingegangen werden, um eine stabile und kontinuierliche Quelle für qualifizierte Pflegekräfte zu schaffen.
Fragen und Antworten zur Anwerbung brasilianischer Pflegekräfte nach Deutschland
1. Können sich Brasilianerinnen und Brasilianer auch ohne das Programm direkt bewerben?
Ja, brasilianische Pflegekräfte haben weiterhin die Möglichkeit, sich direkt bei deutschen Arbeitgebern zu bewerben. Auch ohne das spezifische Anwerbeprogramm können qualifizierte Fachkräfte ihre Chancen nutzen, um in Deutschland zu arbeiten. Es ist ratsam, sich direkt bei Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen oder spezialisierten Personalvermittlern in Deutschland zu informieren.
2. Welche neuen Möglichkeiten bietet die Chancenkarte für Pflegekräfte?
Die Einführung der Chancenkarte durch die Bundesregierung eröffnet neue Möglichkeiten für ausländische Fachkräfte, einschließlich Pflegekräften. Die Chancenkarte ermöglicht eine einfachere und transparentere Einwanderung für qualifizierte Arbeitskräfte aus Nicht-EU-Ländern. Interessierte Pflegekräfte sollten sich über die Voraussetzungen und den Bewerbungsprozess für die Chancenkarte informieren, um diese Gelegenheit zu nutzen.
3. Warum sind Deutschkenntnisse weiterhin wichtig?
Gute Deutschkenntnisse bleiben eine wesentliche Voraussetzung für die Arbeit im deutschen Gesundheitswesen. Pflegekräfte müssen in der Lage sein, sich mit Patienten und Kollegen zu verständigen und medizinische Dokumentationen zu führen. Es wird empfohlen, mindestens das Sprachniveau B2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens (GER) zu erreichen. Viele Sprachschulen und Online-Kurse bieten spezielle Programme für medizinisches Deutsch an.
4. Gibt es Unternehmen, die sich auf die Anwerbung und Qualifizierung von ausländischem Pflegepersonal spezialisiert haben?
Trotz der Aussetzung des offiziellen Programms gibt es zahlreiche Unternehmen und Organisationen, die sich auf die Anwerbung und Qualifizierung von ausländischem Pflegepersonal spezialisiert haben. Diese Unternehmen bieten oft umfassende Dienstleistungen an, einschließlich Sprachkursen, Anerkennungsverfahren und Unterstützung bei der Integration. Pflegekräfte, die nach Deutschland kommen möchten, sollten sich an solche spezialisierten Dienstleister wenden, um professionelle Unterstützung zu erhalten.
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