Praktikum in Deutschland: Was in deinem Vertrag stehen muss – und wo du Hilfe bekommst

Fast ein Drittel aller internationalen Studierenden in Deutschland absolviert während des Studiums ein Praktikum, doch laut einer Erhebung der DAAD-Fachstelle für Internationales klagt über die Hälfte über unklare Vertragsbedingungen. Wie viele Stunden darf ich arbeiten? Muss das Praktikum bezahlt werden? Und was, wenn es gar keinen Vertrag gibt? Wer diese Fragen zu spät stellt, riskiert rechtliche Grauzonen, Frust oder sogar ein abgelehntes Visum. Dieser Artikel zeigt, was ein Praktikumsvertrag wirklich regeln sollte – und wo es praktische, rechtssichere Hilfe gibt.

Rechtsfreier Raum? Warum Praktika klare Regeln brauchen

In der Realität vieler Praktikantinnen und Praktikanten beginnt das Problem schon vor dem ersten Arbeitstag. Ein Unternehmen sagt zu, Aufgaben werden besprochen, der Starttermin steht – aber ein Vertrag? Fehlanzeige. Gerade bei kleineren Firmen fehlt oft die Routine, ein rechtskonformes Dokument zu erstellen. Das kann nicht nur arbeitsrechtlich heikel sein, sondern auch persönliche Konsequenzen haben: Ohne schriftliche Vereinbarung gibt es keine rechtliche Absicherung, keine Klarheit über Dauer, Arbeitszeit oder Pflichten.

Ein weiterer Stolperstein sind internationale Studierende mit Visumspflicht. Laut Ausländerbehörde Berlin ist für viele Visa-Anträge ein Praktikumsvertrag zwingend erforderlich – insbesondere bei Pflichtpraktika. Wer hier auf ein formloses Versprechen hofft, riskiert eine Ablehnung.

Zum Glück gibt es Unterstützung. Für Bewerber und Betriebe stehen kostenlose Vorlagen bereit, die sich an geltendem deutschen Arbeitsrecht orientieren und die wichtigsten Punkte klar strukturieren. Sie helfen, Fallstricke zu vermeiden, und geben besonders internationalen Praktikantinnen und Praktikanten ein Gefühl von Sicherheit.

Life-in-Germany.de ist ein unabhängiges Online-Magazin, das seit 2018 über Karrieremöglichkeiten in Deutschland informiert. Wir geben Tipps zu Ausbildung, Dualem Studium, Studium, Job und Bewerbung. Wir unterstützen Unternehmen und Initiativen bei der internationalen Fachkräftegewinnung. Wir freuen uns über Kooperationsanfragen und Themenvorschläge.

Was wirklich verpflichtend ist und was nicht

Viele glauben, dass jedes Praktikum automatisch vergütet werden muss. Das stimmt nur bedingt. Bei Pflichtpraktika im Rahmen eines Studiums besteht keine gesetzliche Zahlungspflicht. Freiwillige Praktika hingegen müssen nach spätestens drei Monaten mindestens mit dem gesetzlichen Mindestlohn vergütet werden – derzeit 12,41 Euro pro Stunde (Stand Juli 2025, Quelle: BMAS). Wer das ignoriert, riskiert rechtliche Nachzahlungen.

Auch in puncto Versicherung gibt es oft Unsicherheit. Pflichtpraktikantinnen und -praktikanten sind in der Regel über die Hochschule unfallversichert. Bei freiwilligen Praktika hingegen muss der Betrieb einspringen. Diese Informationen gehören zwingend in den Vertrag. Sonst drohen im Schadensfall unangenehme Auseinandersetzungen.

Ein weiteres Missverständnis betrifft die Kündigungsfristen. Viele Verträge lassen diesen Punkt völlig offen. Dabei schützt eine klare Regelung beide Seiten – sowohl bei Konflikten als auch bei plötzlichen Änderungen im Studium.

Was in keinem Vertrag fehlen darf

Ein Praktikumsvertrag ist kein reines Verwaltungsdokument. Er ist die Grundlage für ein geregeltes Arbeitsverhältnis auf Zeit – mit Pflichten, Rechten und Erwartungen. Deshalb muss er über bloße Formalien hinausgehen. Eine genaue Beschreibung der Tätigkeiten verhindert Missverständnisse. Sie schützt vor Ausbeutung und hilft, das Praktikum später in Bewerbungen konkret darzustellen.

Ebenso wichtig ist die Nennung einer Ansprechperson. Wer begleitet das Praktikum? Wer gibt Feedback? Gerade internationale Praktikanten fühlen sich oft orientierungslos, wenn diese Rolle nicht klar ist. Der Vertrag ist der Ort, an dem das verbindlich geregelt werden sollte.

Auch Pausenregelungen gehören in den Vertrag. Denn was in der Mensa selbstverständlich ist, gilt nicht automatisch im Betrieb. Das Arbeitszeitgesetz schreibt bei mehr als sechs Stunden täglicher Arbeitszeit eine Pause von mindestens 30 Minuten vor. Viele Praktika ignorieren das, oft aus Unwissenheit.

Welche Unterschiede es je nach Branche gibt

Nicht jede Branche stellt die gleichen Anforderungen an ein Praktikum – und genau deshalb unterscheiden sich auch die Erwartungen an den Vertrag erheblich. In technischen Bereichen, etwa der IT oder im Maschinenbau, arbeiten Praktikantinnen und Praktikanten oft mit firmeneigener oder sogar privater Hardware. Hier ist es wichtig, klare Regeln zur Nutzung, Haftung und Datensicherheit festzuhalten. Was auf den ersten Blick banal wirkt, kann im Ernstfall zu rechtlichen Problemen führen.

Ganz anders sieht es im sozialen Bereich aus. Dort spielt der Umgang mit personenbezogenen Daten eine zentrale Rolle. Schweigepflicht und Datenschutz sind nicht nur moralische Verpflichtung, sondern gesetzlich festgelegte Vorgaben. Wer in Kitas, Pflegeeinrichtungen oder Beratungsstellen ein Praktikum absolviert, muss diese Punkte vertraglich anerkennen – am besten über eine gesonderte Erklärung, die dem Vertrag beigefügt wird.

Noch einmal andere Prioritäten gelten im Gesundheitswesen. Praktika im Krankenhaus, bei Therapeutinnen oder in medizinischen Laboren unterliegen strengen rechtlichen Rahmenbedingungen. Ohne klare Regelungen zu Hygiene, Aufsichtspflicht und Haftung entsteht nicht nur Unsicherheit, sondern möglicherweise ein rechtliches Risiko für beide Seiten.

In kreativen Berufen wie Journalismus, Grafikdesign oder Werbung spielt dagegen das Thema Urheberrecht eine entscheidende Rolle. Wenn im Praktikum Texte, Entwürfe oder Kampagnenideen entstehen, sollte im Vertrag geregelt sein, ob und wie das Unternehmen diese nutzen darf. 

Stichwortsuche zu diesem Beitrag:

Nach oben scrollen